Video / Artikel: Highlight-Podiumsdiskussion: US-Flächen: Was ändert sich für ärmere Menschen? (Aktionswoche gegen Altersarmut)

Auch über die Konversion der US-Flächen in Heidelberg wurde anlässlich der Aktionswoche gegen Altersarmut, bei der Podiumsdiskussion “Konversion der US-Flächen: Eine Stadt verändert sich – was ändert sich für ärmere Menschen?” in der Stadtbibliothek, diskutiert.

Mit den Vortragenden Professor Dr. Martin Albert, dem Studiendekan der SRH-Hochschule Heidelberg, dem Stadtplaner Prof. Andreas Strunk, Andreas Epple von Epple Immobilien und Bruno Krüger von der Baugenossenschaft Neu Heidelberg waren vier fachkundige Experten bei der von Christoph Nestor vom Mieterverein Heidelberg moderierten Veranstaltung.

Die Begrüssung wurde durch Annett Heiß-Ritter vorgenommen.

Im Anschluss an die Begrüssung trug Christoph Nestor einleitend den Stand der Dinge vor. Er machte auf den Mangel an Handlungsprogrammen der Stadt aufmerksam, stellte fest, dass die Ziele des Wohnbaus regelmässig verfehlt würden und ging auf die Bedeutung einer gelungenen Umsetzung des Konversionsprozesses für die Metropolregion als Motor für Wirtschaft, Soziales und Kultur ein.

Besonders kritisierte Nestor die Ankündigungspolitik der Stadt, die nicht durch Handlungen bestätigt würde.

Es folgte eine 20-minütige Präsentation von Prof. Dr. Martin Albert über die Thematik der US-Flächen und deren Bedeutung auch für ärmere Menschen.
Albert gab einen Überblick über die Gesamtsituation, und stellte einige Grundlegende Fragen zum Vorgang, zum Zustande der Anlagen und zum Image der Flächen zur Disposition.

Desweiteren ging Albert auf das Thema Armutsgefährdung in Deutschland und besonders im Raum Heidelberg ein und stellte fest, dass besonders Arbeitslose, Menschen in der Grundsicherung, Invalide und Menschen in niedrigen Einkommensgruppen von Armut im Alter betroffen seien. Die Auswirkung von Armut seien u.a. psychischer Druck, Stress und Ausgrenzung.

Albert typisierte auch die Konversionsflächen nach diversen ökonomischen Gesichtspunkten. Er unterschied dabei zwischen Topflächen, Entwicklungsflächen mit mittlerem Potenzial, Flächen mit unterdurchschnittlichem Potenzial und Naturschutzflächen. Die US-Gebiete seien, je nach Standort und Zustand, in diese Klassifizierungen einzuteilen.

Zum Abschluss seiner Präsentation betonte Albert die Notwendigkeit eines Konsenses und Transparenz bei den Entscheidungen über die Gestaltung der US-Gebiete. Er merkte ausserdem an, dass lokale Initiativen und eine wissenschaftliche Begleitung zwingend seien für eine hohe Nachhaltigkeit des Projektes und um Planungsfehler zu vermeiden.

Professor Strunk ging im Anschluss auf verschiedene Punkte, wie ein Wohnraumversorgungskonzept, Randbedingungen bei der Abwicklung, Bürgerbeteiligung, den Aufkauf der Flächen durch die Stadt, die Bestandsentwickllung im Stadtgebiet und die Entwicklung des Wohnungsbedarfes ein.

Er bemerkte, dass der Konversionsprozess ein Balanceakt zwischen Bürgerbeteiligung un dpolitischer Entschlossenheit seitens der Stadtführung sei und sah die Stadt in der Pflicht, allmählich von einer reinen Ankündigungspolitik zu konkreten Handlungen zu gelangen.

Strunk sieht die US-Flächen als strategisch wichtige Gebiete, die, auch in Teilprojekten, durch verlässliche und kommunale Partner entweickelt werden müssten. Auch eine Zwischennutzung muss, laut Strunk, auf eine intelligente Art und Weise erfolgen.

Er regte die Beteiligung der städtischen Baugenossenschaften, die Einrichtung einer kommunalen Wohngeldunterstützung und die Förderung von Bauherrengemeinschaften an, um die Wohneigentumsbildung im Mittelstand zu ermöglichen und zu erhöhen.

Andreas Epple von Epple Immobilien machte in seinem Einführungsstatement klar, dass die Konversion kein einfaches Thema sei. Er erläuterte die Möglichkeiten und Einflüsse des Marktes und die Trends im Immobiliensektor aus einer immobilienwirtschaftlichen Perspektive.

Epple wies darauf hin, dass sich die Haushaltsgrössen immer weiter verringern würden, und so trotz einer Schrumpfung der Bevölkerung in Deutschland keine Entspannung auf den Wohnungsmarkt käme.

Epple verdeutlichte die regionalen Unterschiede im Bezug auf Attraktivität und Qualität der Wohnstandorte in Deutschland und zeigte auf, dass in gewissen Regionen ein enormer Schwund der Infrastruktur aufgrund des Bevölkerungsrückganges bzw. Abwanderung stattfände.

In Heidelberg sei die Zahl der Pendler sehr groß im Vergleich zur Anzahl der Bewohner, da im Stadtgebiet, bedingt durch seine Attraktivität, die Miet- und Wohnungspreise stiegen. Er erwähnte ausserdem, dass Heidelberg vieles tue, um Armut zu verhindern und machte auf den überdurchschnittlichen Anteil an erfolgreichen Schulabgängern aufmerksam.

Gleichzeitig wies er jedoch darauf hin, dass Defizite im Bereich Kinderarmut vorhanden seien, und junge Heidelbergerinnen im Bundesdurchschnitt am wenigsten Kinder bekämen.

Als Lösungsansatz für Wohnpreisproblematik, nannte er die Erhöhung des Wohnungsangebotes, da dies den Druck auf die Wohnungspreise senken würde. Eine insgesamt stimmige Bevölkerungsdurchmischung und die Unterschiedlichkeit in der Bevölkerung Heidelbergs seien erstrebenswert und ein Reichtum für die Stadt.

Desweiteren betonte er die Notwendigkeit einer sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit bei der Entwicklung der US-Flächen. Als Hürden nannte er finanzielle Aspekte, die unklare Flächenvergabe, rechtliche Kriterien und die Uneinigkeit der politischen Akteure.

Bruno Krüger ging in seinem Vortrag auf die Leitlinien-Umsetzung und die mögliche Rolle der Baugenossenschaften in Heidelberg ein. Er betonte, dass man sich andere Konversionsprozesse, z.B. in Karlsruhe als BEispiel nehmen solle, um Fehler und Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen und positive Erfahrungen mitzunehmen.

Krüger wies nochmals auf die vorverlegte Abzugszeitpunkte der US-Armee hin und auch er warf der Stadt Versäumnisse im zeitlichen Umgang mit dem Konversionsprozess vor.

Die Heidelberger Genossenschaften könnten als begleitender Partner und Korrektiv fungieren, sagte Krüger, der darauf hinwies, dass die Mieten bei den Genossenschaften im Vergleich eher gering seien und daher auch für finanziell schwächere Menschen erschwinglich seien.

Er forderte die Stadt auf, ihr Steuerungspotenzial auszunutzen und ihre Kräfte in vollem Umfang in den Verhandlungen mit der BiMA einzusetzen. Insbesondere forderte er den Aufkauf zentraler Flächen auf den US-Gebieten und merkte auch an, dass vorallem im Patrick Henry Village erst kürzlich noch Restaurierungsmassnahmen durch die Amerikaner durchgeführt wurden und die Anlagen dort in einem guten Zustand seien.

Auch Krüger sah die Bürgerbeteiligung als zentralen Aspekt, verlangte jedoch auch Vorlagen seitens der Stadt.

Nach den Statements der Podiumsgäste fasste Christoph Nestor nochmals das Gesagte zusammen und eröffnete dann die Diskussion mit dem Publikum.

Innerhalb der Diskussion kamen viele verschiedene Aspekte zur Sprache, so wurde u.a. angemerkt, dass die Stadt an Weitsichtigkeit vermissen liesse und deshalb der Handlungsdruck und Zeitdruck immer weiter steige.

Einige sprachen sich für einen Gesamtankauf aller Flächen durch die Stadt aus, da ansonsten etwaige Filetstücke anderweitig durch die BIMA veräussert werden könnten und der Stadt am Ende nur die Reste blieben.

Der Gemeinderat wurde kritisiert, da dort bisher kaum eine Diskussion zum Thema stattgefunden habe, diese sämtlich an andere Gremien ausgelagert worden sei und nur eine Schleppende Entscheidungsfindung stattfände. Es wurde jedoch anerkannt, dass mittlerweile auch sinnvolle Ansätze vorhanden seien. Von der Stadt wurde gefordert, dass sie durch das Planungsrecht eine Zähmung des Marktes vornehmen könne.

Desweiteren wurde eine Ausweitung der Kooperation innerhalb der gesamten Metropolregion gefordert, da die Konversion kein Prozess einer einzelnen Stadt sei.

Zum Abschluss gaben die Beteiligten noch einmal ein Resümee ab, in dem sich alle einig waren, dass die Konversion eine große Chance für die Entwicklung der Stadt und der Region darstellt, aber auch gewisse Risiken birgt.

Vor der Verabschiedung stellte Christoph Nestor noch einmal klar, dass man hoffe durch die Veranstaltung ein Signal in die richtige Richtung ausgesandt zu haben.

 

Alle Berichte, Interviews und Videoclips zur Aktionswoche finden Sie über https://rbe-media.com/tag/aktionswoche-gegen-altersarmut-2012.

Weitere Informationen zur Aktionswoche gibt es auf der Website deswww.das-heidelberger-buendnis.de